Spektrale Messung von Aerosolen vom UV bis NIR im Rahmen des MAPP Projektes (EURAMET)
Verständnis der Auswirkungen natürlicher und menschengemachter atmosphärischer Aerosole auf das Klima
Atmosphärische Aerosole entstehen durch natürliche Phänomene wie Salz aus Meeresgischt oder Sand aus Wüsten. Sie entstehen auch aus anthropogenen Quellen, wie der Verbrennung von Abfällen oder fossilen Brennstoffen. Je nach Art können sie die Erdoberfläche erwärmen oder abkühlen, die Wolkenbildung beeinflussen und Wetterverhältnisse verändern. Bodengebundene Instrumente können helfen, ihre Art zu bestimmen, benötigen aber verbesserte metrologische Verfahren, um ihre Auswirkungen auf den Klimawandel genau zu ermitteln.
Herausforderung
Die Reduzierung von Treibhausgasen ist entscheidend, um die globale Temperatur auf unter 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Atmosphärische Aerosole haben jedoch ebenfalls eine bedeutende Auswirkung und stellen die größte Unsicherheitsquelle bei der Abschätzung des Klimawandels dar. Partikel aus menschlichen Quellen, wie Müllverbrennungsanlagen, sind meist dunkel, speichern Wärme und tragen so zur Erwärmung der Erde bei. Abgesehen von Waldbränden sind natürliche Aerosole, wie vulkanische Schwefelpartikel, im Allgemeinen heller und reflektieren Sonnenlicht, was zu einer Abkühlung führt. Modelle deuten darauf hin, dass letztere etwa die Hälfte der Treibhausgaswirkungen seit den 1880er Jahren ausgeglichen haben. Deshalb wurden sie vom Global Climate Observing System als „Essential Climate Variables“ (Wesentliche Klimavariablen) anerkannt.
Informationen darüber, wie alle Partikel in einer Atmosphäre-Säule Licht absorbieren oder streuen, werden durch Radiometer mit Fernerkundungstechniken erfasst. Diese messen die sogenannte „Aerosol Optical Depth“ (AOD) von der Erdoberfläche bis zur „Top of the Atmosphere“ (ToA), wo keine Aerosole mehr existieren. Sie werden anhand eines ToA-Werts kalibriert, der aus bodengebundenen Messungen an Hochgebirgsstandorten bei klarem Wetter extrapoliert wird. Nach ihrer Verlagerung an operative Überwachungsstandorte geht dabei jedoch die metrologische Rückführbarkeit verloren.
Im Jahr 2021 wurde ein neues Referenzspektrum entwickelt, das ToA-Werte auf Basis von Satellitenbeobachtungen bereitstellte – das „Spectral Solar Irradiance Sensor-1 Hybrid Solar Reference Spectrum“ (TSIS-1 HSRS) mit deutlich geringerer Unsicherheit im Vergleich zu früheren satellitengestützten Spektren. Dies machte bodengebundene Extrapolationen überflüssig und ermöglichte eine Kalibrierung der Instrumente im Labor mit vollständig SI-rückführbaren Messungen.
Auswirkungen
Seit vierzig Jahren liefert Gigahertz-Optik hochmoderne Instrumente, Software, Know-how und metrologische Lösungen für optische Messungen in der LED-Herstellung, Lasertechnik, Photomedizin, Bildsensorik, Solar- und Ozonanwendungen und vielen weiteren Bereichen. Der BTS-Sensor, der 300 nm – 1050 nm und 950 nm – 2150 nm abdeckt, ermöglichte nun auch Messungen oberhalb von 1700 nm, die zuvor nicht möglich waren. Gigahertz-Optik hat die neue Software in das Spektralradiometer integriert und erkennt die Unterstützung durch das MAPP-Projekt, PMOD/WRC und PTB für die Kalibrierung und Validierung der AOD-Messungen an. Die mittels laborgeprüfter Instrumente ermittelten AOD-Werte zeigten ebenfalls eine ausgezeichnete Übereinstimmung mit Filterradiometern aus zwei atmosphärischen Netzwerken – mit Abweichungen, die deutlich innerhalb der von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) definierten Akzeptanzgrenzen lagen.

Zusammenarbeit der nationalen Metrologieinstitute Europas
Das Europäische Metrologieprogramm für Innovation und Forschung (EMPIR) wurde im Rahmen von Horizont 2020, dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, entwickelt. Die EMPIR-Finanzierung wird von 28 teilnehmenden EURAMET-Mitgliedstaaten bereitgestellt, um die Zusammenarbeit von Metrologieinstituten, Hochschulen und Industrie innerhalb und außerhalb Europas bei der Bewältigung zentraler metrologischer Herausforderungen zu fördern und sicherzustellen, dass die Messtechnik den zukünftigen Anforderungen gerecht wird.
Lösung
Im Rahmen des MAPP-Projekts wurde eine dreiwöchige Messkampagne mit fünf verschiedenen Spektralradiometern am Izaña Atmospheric Observatory durchgeführt – einem hochgelegenen, primären Kalibrierstandort für die Extrapolation von ToA-Werten, dank seiner stabilen atmosphärischen Bedingungen.
Alle Instrumente wurden im Labor kalibriert, darunter ein BiTec-Sensor (BTS) des Projektpartners Gigahertz-Optik GmbH. Dieser wurde im eigenen, nach ISO 17025 zertifizierten Labor von Gigahertz-Optik kalibriert und zeigte eine Messunsicherheit von 1 % bei AOD. Während der Kampagne setzte Gigahertz-Optik einen neu entwickelten Algorithmus von PMOD/WRC zur AOD-Bestimmung ein, der am PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Deutschland) verifiziert wurde.
Die ermittelten ToA-Daten aller fünf Instrumente wurden mit dem TSIS-1 HSRS verglichen, wobei eine Übereinstimmung von 99 % erreicht wurde. Die relative Unsicherheit des Referenzspektrums im ultravioletten Bereich (308 nm bis 400 nm) wurde von 1,3 % auf 0,8 % gesenkt.
Instrumente, die zur Messung atmosphärischer Aerosole entwickelt wurden, können nun im Labor kalibriert und anschließend an ihren Einsatzort transportiert werden. Neben dem Nachweis, dass für diese Instrumente eine SI-Rückführbarkeit aufrechterhalten werden kann, trägt das gewonnene Wissen auch dazu bei, die Klimaauswirkungen atmosphärischer Aerosole klar zwischen natürlichen und menschengemachten Quellen zu unterscheiden.
Langfristig könnte dies auch Geoengineering-Vorhaben unterstützen, bei denen gezielt bestimmte Aerosole in die Stratosphäre eingebracht werden sollen, um die derzeit fortschreitende globale Erwärmung zu verringern. Der Erfolg solcher Maßnahmen hängt maßgeblich vom erreichbaren Maß an solarer Abschattung ab – wobei die SI-Rückführbarkeit und die Messunsicherheit entscheidende Faktoren sein werden.
Das MAPP-Projekt einen Blick:
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Entwickelte Kalibrierungsmethoden und -geräte für SI-rückführbare Labor- und Vor-Ort-Kalibrierungen von Radiometern zur Messung von direkter solarer und lunarer spektraler Einstrahlung sowie Himmelsstrahlung im Spektralbereich von 310 nm bis 1700 nm mit einer erweiterten relativen Unsicherheit von 1 %
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Validierte die Methoden zur Null-Luftmassen-Extrapolation durch rückführbare bodengebundene solare spektrale Einstrahlungsmessungen im Vergleich zu satellitenbasierten extra-terrestrischen Spektren
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Erstellte detaillierte Unsicherheitsbudgets für die Aerosol Optical Depth (AOD) für die drei Haupttypen von Sonnenphotometern, die in den globalen Netzwerken GAWPFR, AERONET und SKYNET betrieben werden
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Entwickelte neue Instrumente, darunter eine LED-basierte Integrationskugel für den erweiterten Wellenlängenbereich von 340 nm bis 1700 nm sowie eine abstimmbare portable Strahlungsquelle
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Passte das theoretische und softwareseitige GRASP-Paket an und erweiterte es, um verbesserte Schätzungen der Unsicherheiten aller aus bodengebundener Fernerkundung abgeleiteten Parameter zu ermöglichen